Bluternte by Eisenschenk Karoline

Bluternte by Eisenschenk Karoline

Autor:Eisenschenk, Karoline [Eisenschenk, Karoline]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Krimi
Herausgeber: Allitera
veröffentlicht: 2017-05-07T22:00:00+00:00


Kapitel 18

Waltraud Stadler saß kerzengerade auf der Küchenbank und starrte Robert Thorwald mit unbewegter Miene an. Hatte er sich am Vortag noch von ihrer Sonnenbräune ablenken lassen, so bemerkte er jetzt, nur wenige Armlängen von ihr entfernt, wie verhärmt ihre Gesichtszüge doch waren. Tiefe Falten hatten sich um ihre Mundwinkel und unter ihren müden Augen in die Haut gegraben. Keine Spuren von Trauer, sondern eines jahrelangen zermürbenden Ehealltags, der beide Stadlers nicht glücklich gemacht hatte.

Die Stille, die sich in der Küche ausbreitete, wurde nur durch das gelegentliche Tropfen des Wasserhahns und das Ticken der Wanduhr durchbrochen. Thorwald hatte seinen Besuch nicht angekündigt, in der Hoffnung, Waltraud Stadler allein, ohne ihren Sohn Thomas, anzutreffen. Und er hatte Glück gehabt. Offenbar war vor ihm bereits ein Besucher da gewesen, denn auf dem Küchentisch stand eine Vase mit einem großen Blumenstrauß. Zwischen zwei Blüten steckte ein weißes Kärtchen, dessen Aufschrift Thorwald jedoch nicht erkennen konnte.

»Nein, von einer Affäre meines Mannes hab ich nichts gewusst«, sagte Waltraud Stadler schließlich. »Wer ist diese Frau?«

Der Kommissar antwortete nicht gleich.

Waltrauds Finger krampften sich um die Kaffeetasse, die vor ihr auf dem Küchentisch stand. »Wahrscheinlich wird es ohnehin schon im ganzen Dorf herumgetratscht. Ersparen Sie mir wenigstens die Schmach, es als Allerletzte zu erfahren.«

»Marie Lechner«, sagte er schließlich.

Waltraud stieß ein verächtliches Schnauben aus. »Darauf hätte ich auch selbst kommen können. Die schöne Marie. Der ist so einer wie der Max natürlich nicht gut genug.«

»Ich glaube nicht, dass irgendjemand davon weiß. Ihr Mann und Frau Lechner waren sehr … diskret«, fügte Thorwald hinzu. Er wusste selbst, wie erbärmlich er sich anhörte.

»Das tröstet mich jetzt aber!«, giftete Waltraud Stadler ihn an. »Mir schickt dieses Luder ihre Tochter, während sie sich hinterrücks mit meinem Mann vergnügt. Weiß der Max eigentlich schon, was die so alles treibt?«

»Seit gestern Abend. Was haben Sie denn mit Julia Lechner zu tun?«, fragte Thorwald rasch.

Waltraud Stadler musterte ihn missbilligend. »Was soll ich mit dem Kind schon zu tun haben? Einen Hund will sie halt, wie alle Kinder. Und weil sie den zu Hause nicht bekommt, ist sie immer zur Rosi gekommen. Das Mädel kann einem wirklich leidtun. Der Vater pleite, die Mutter eine Schlampe. Ich hoffe, der Max hat sie hochkantig hinausgeworfen.«

»Es gibt noch etwas, das Sie wissen sollten«, erwiderte Thorwald nach kurzem Zögern. Dass die Lechners eine Nacht in Polizeigewahrsam verbracht hatten und der Tatverdacht gegen Marie Lechner immer noch nicht ganz entkräftet war, würde er Waltraud Stadler bestimmt nicht unter die Nase reiben. Doch der Schuldschein war eine andere Geschichte. In wenigen Worten erzählte er ihr von den zwanzigtausend Euro und der nicht eingehaltenen Rückzahlungsfrist.

»Das wird ja immer besser!« Waltraud lachte laut auf. Doch plötzlich hielt sie inne. »Das heißt, der Max ist verdächtig?«

Sie kombiniert schnell, dachte Thorwald. »Er hat ein Alibi für die Tatzeit und seine Frau wusste bis gestern nichts von dem Schuldschein. Ihr Mann hat Maximilian Lechner das Geld geliehen, bevor er …«

»Dieser Trottel«, murmelte Waltraud Stadler.

Thorwald war sich nicht ganz sicher, welchen der beiden Männer sie meinte, doch er vermied es nachzufragen.



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